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  • Die neuen psychologischen Herausforderungen der agilen Transformation und postmodernen Organisationen

    In der Diskussion um agile Transformationen und postmoderne Organisationen gibt es positive Stimmen, die in der Selbstorganisation von Teams, flacheren Hierarchien und einer stärkeren Kundenzentrierung einen Ausweg aus dem überholten patriarchalischen System sehen. Diese Veränderungen bieten die Möglichkeit zur Selbstentfaltung für viele Mitarbeiter, nicht nur für einige privilegierte Rollen innerhalb der Organisation. Doch um diese Vorteile zu realisieren, müssen wir uns auch mit den neuen Herausforderungen und Risiken auseinandersetzen. Heute möchte ich auf zwei potenzielle Risiken eingehen: die unklare Rollen- und Aufgabenverteilung sowie toxische Kunden im Umgang mit Mitarbeitern. Unklare Rollen- und Aufgabenverteilung Eine unklare Rollen- und Aufgabenverteilung tritt häufig auf, wenn alte, klar definierte hierarchische Strukturen aufgebrochen werden. In einem Umfeld, in dem direkte und unbürokratische Kommunikation auf allen Ebenen möglich ist, können Zuständigkeitsbereiche verschwimmen. Dies kann dazu führen, dass einem in einem informellen Gespräch ein neues Projekt „aufgedrückt“ wird. Was zunächst verlockend erscheinen mag, kann bei genauerer Betrachtung enormen Druck erzeugen – schließlich muss das Tagesgeschäft ebenfalls erledigt werden. Dieser Druck wird zusätzlich verstärkt durch einen Angst-Lust-Mechanismus: Die Hoffnung auf erhöhte Karrierechancen steht im Raum, während gleichzeitig die Gefahr des Ausbrennens oder des Verlusts einer guten Reputation droht, weil man sich übernommen hat. Hier wird deutlich, dass strukturelle Grenzen wegfallen, die die Mitarbeiter nun selbst ziehen müssen – sowohl eigenverantwortlich als auch in der Kommunikation nach außen. Aus organisatorischer Sicht mag diese Entwicklung zunächst positiv erscheinen, da die Mitarbeiter intrinsisch zu Höchstleistungen motiviert werden. Doch um zu vermeiden, dass sich Krankschreibungen häufen und die Organisation im Chaos versinkt, weil die Mitarbeiter ihre Kapazitätsgrenzen falsch eingeschätzt haben, sollten dringend Gegenmaßnahmen ergriffen werden – wie beispielsweise individuelle Coachings. Kundenzentrierung als Herausforderung Die zweite Herausforderung betrifft die verstärkte Kundenzentrierung. Es scheint rational sinnvoll zu sein, Produkte oder Dienstleistungen an den Wünschen und Bedürfnissen der Kunden auszurichten. Folglich sollten auch die Mitarbeiter im Kundenkontakt empathisch und sensibel sein, um die Bedürfnisse der Kunden zu erkennen – zumal diese oft selbst nicht genau wissen, was sie benötigen. Von den Mitarbeitern wird erwartet, dass sie neben speziellen Kommunikationsfähigkeiten auch Empathie zeigen und eine demütige sowie dienende Haltung einnehmen. Hier zeigt sich jedoch ein Problem: Viele Kunden sind sich ihrer bedeutenden Stellung bewusst und einige davon missbrauchen ihre Macht. Sie wissen, dass gute Mitarbeiter emotional kontrolliert bleiben sollen und nicht ausfallend reagieren dürfen. Das Dilemma besteht darin, dass von den Mitarbeitern erwartet wird, einfühlsam gegenüber dem Kunden zu sein – gleichzeitig aber emotionslos zu bleiben bei persönlichen Angriffen. Auch hier benötigt es Unterstützung seitens der Organisation: klare Grenzen und verbindliche Vorgehensweisen im Falle von Grenzüberschreitungen sind unerlässlich. Zudem hilft eine vertiefte Schulung im Umgang mit schwierigen Kunden. Ohne Rückendeckung seitens der Organisation jedoch, kann ein missbräuchlicher Umgang mit den eigenen Mitarbeitern entstehen, der das Unternehmensklima und letztlich auch die Unternehmenskultur negativ beeinflusst und der gesamten Organisation schadet. Fazit Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die agile Transformation und die damit einhergehenden Veränderungen in der Organisationsstruktur sowohl Chancen als auch Herausforderungen mit sich bringen. Während die Selbstorganisation von Teams und flachere Hierarchien das Potenzial bieten, die Kreativität und Eigenverantwortung der Mitarbeiter zu fördern, müssen Unternehmen gleichzeitig wachsam sein, um die psychologischen Belastungen zu erkennen und zu adressieren, die aus unklaren Rollenverteilungen und dem Druck einer übermäßigen Kundenzentrierung resultieren können. Es ist entscheidend, dass Organisationen nicht nur auf die positiven Aspekte der Transformation fokussiert sind, sondern auch proaktive Maßnahmen ergreifen, um ihre Mitarbeiter zu unterstützen und ein gesundes Arbeitsumfeld zu schaffen. Nur durch klare Strukturen, Schulungen und eine Kultur des respektvollen Umgangs kann das volle Potenzial agiler Ansätze ausgeschöpft werden. Letztlich liegt es an den Führungskräften, eine Balance zwischen Flexibilität und Stabilität zu finden, um sowohl die Bedürfnisse der Kunden als auch das Wohlbefinden der Mitarbeiter in den Mittelpunkt ihrer strategischen Überlegungen zu stellen. In dieser neuen Ära der Zusammenarbeit ist es unerlässlich, dass Organisationen nicht nur als wirtschaftliche Einheiten agieren, sondern auch als soziale Gemeinschaften, in denen jeder Einzelne wertgeschätzt wird und Raum für persönliche Entfaltung findet.

  • Die unsichtbaren Fäden: Unbewusste Prozesse erkennen und nutzen

    Hast du schon einmal in einer bestimmten Situation untypisch reagiert und dich danach gefragt, wie das passieren konnte? Möglicherweise bist du der Macht der projizierenden Identifikation oder einer Gegenübertragungsreaktion erlegen. Die systemisch-psychodynamische Organisationsberatung beschäftigt sich mit diesen Phänomenen, indem sie Erkenntnisse und Methoden aus dem therapeutischen Bereich auf den Arbeitskontext überträgt. Übertragung, Gegenübertragung und projektive Identifikation sind nicht nur in der Therapie relevant, sondern begleiten uns auch im Alltag. Es ist hilfreich, diese Vorgänge zu verstehen, da sie unser Handeln beeinflussen – oft nicht zum Positiven. 1. Was ist Übertragung? Übertragung bezeichnet die Reaktivierung unbewusster Erlebens- und Verhaltensmuster, die ursprünglich in Bezug auf frühere Bezugspersonen entwickelt wurden. Diese Muster werden dann auf eine gegenwärtige Person übertragen. Beispiel: Ein Mitarbeiter überträgt auf seine Führungskraft väterliche, beschützende Eigenschaften. 2. Was ist Gegenübertragung? Gegenübertragung ist die meist unbewusste Reaktion auf die Übertragung. Sie geschieht, wenn jemand ungewollt auf die ihm zugeschriebene Übertragung reagiert. Beispiel: Die Führungskraft nimmt die ihm übertragenen Eigenschaft mehr oder weniger bewusst wahr und verhält sich tatsächlich beschützend dem Mitarbeiter gegenüber. 3. Was ist projektive Identifikation? Bei der projektiven Identifikation spaltet eine Person unerwünschte Gefühle oder Erfahrungen ab und projiziert diese auf andere. Der Empfänger dieser Projektion nimmt die Gefühle wahr, identifiziert sich damit und handelt entsprechend. Beispiel: Eine Mitarbeiterin möchte selbst eine gerechte Person sein und erlaubt sich nicht eigene ungerechte Anteile zu haben. Deshalb spaltet sie diesen Teil ab und projiziert ihn auf eine Führungskraft. Die Führungskraft nimmt diese Projektion unbewusst auf, identifiziert sich damit und verhält sich tatsächlich ungerecht. 4. In welchen Arbeitssituationen treten diese Phänomene auf? Übertragung und Gegenübertragung sind nahezu immer präsent. Besonders Führungskräfte können alte Beziehungsmuster aktivieren und unreflektierte Charakterzüge zugeschrieben bekommen, die man von Eltern oder Lehrern kennt. Hier kann die Führungskraft nur hoffen, dass es positive Erfahrungen sind. Die projektive Identifikation tritt häufig in belastenden Situationen auf, wie bei Arbeitsüberlastung oder Veränderungsprozessen. Wenn die daraus resultierendem inneren Konflikt überfordernd sind, verschafft es Entlastung die belastenden Anteile auszulagern. Auf diese Weise kann auch ein strukturelles Problem – dessen Lösung eigentlich auf struktureller Ebene erfolgen sollte – auf Einzelne oder Gruppen verschoben werden, die dann als Sündenböcke fungieren müssen und am besten beseitigt werden. Damit ist das Problem aber natürlich nicht gelöst. Fazit Die systemisch-psychodynamische Organisationsberatung bietet wertvolle Einsichten in die unbewussten Prozesse, die unser Verhalten am Arbeitsplatz beeinflussen. Übertragung, Gegenübertragung und projektive Identifikation sind alltägliche Phänomene, die insbesondere Führungskräfte betreffen. Ein Bewusstsein für diese Dynamiken kann helfen, negative Auswirkungen auf die Unternehmenskultur zu vermeiden und eine gesunde Kommunikations- und Arbeitsumgebung zu fördern. Es ist entscheidend, dass Führungskräfte lernen, ihre eigenen Emotionen sowie die ihrer Mitarbeiter wahrzunehmen und als Indikatoren für den Zustand der Organisation zu interpretieren.

  • Was ist Kultur und was braucht es, damit wir wertschätzend miteinander in Kontakt treten können?

    Kultur ist ein menschengemachtes Orientierungssystem in das man sozialisiert wird. Innerhalb der Nationalkultur existieren viele Subkulturen, die sich auch gegenseitig beeinflussen. Und selbstverständlich prägen sie auch den Menschen. Um sich das leichter vorzustellen, genügt ein Blick auf die Berufs- bzw. Branchenkultur oder man stelle sich vor, welches Leben man wohl führen würde, wenn man einen anderen Beruf gewählt hätte. Was hätte es wohl für Auswirkungen auf mich gehabt, wenn ich tatsächlich forensische Psychologie studiert hätte? In jeder Branche und in jedem Beruf etablieren sich Werte, Umgangsformen, Verhaltensregeln und Lebensanschauungen, die sich mit der Zeit prägend auswirken. Ebenso prägend ist auch die Nationalkultur, die Unternehmenskultur oder die Paarbeziehung, wenn sich gemeinsame Regeln, Moralvorstellungen oder sogar eine eigene Sprache entwickeln. Das Unbewusste in der Nationalkultur Doch während man sich seiner Berufskultur noch zum Teil bewusst ist und durch den Kontakt zu anderen Berufen immer wieder daran erinnert wird, ist dies bei der Nationalkultur weniger häufig der Fall. Zu früh wurde man darin sozialisiert und mit zu vielen Menschen teilt man dieses gemeinsame Orientierungssystem, sodass es schließlich selbstverständlich, ja natürlich wurde und damit auch nicht mehr vollständig bewusstseinsfähig. Erst wenn man mit Fremdkulturen in engeren Kontakt tritt und das eigene Werte- und Orientierungssystem in Frage gestellt wird, wird man sich seiner selbst wieder bewusst. Doch oft findet auch das nicht statt. Dann wird das seltsame Verhalten des anderen nämlich einfach nur als inadäquat bewertet, und mit einer mehr oder weniger unterschwelligen Erwartung verbunden, dass sich der andere verändern muss, sich dem eigenen Orientierungssystem anzupassen habe. Denn bedingt durch die frühe Sozialisierung, deren Regeln und Werte ein Zusammenleben in einer Gemeinschaft ja erst ermöglichen, wird eben angenommen, dass das erlernte Orientierungssystem richtig und gut ist und das Abweichungen davon, auf unterschiedliche Art und Weise sanktioniert werden sollten. Kultur steht in sinnvoller Beziehung zum Kontext Dabei bleibt aber unbedacht, dass eine Kultur immer auch Freiheiten einschränkt und dass sich eine Kultur aus seinen besonderen Umweltfaktoren, seinem Kontext heraus sinnvoll entwickelt hat. So führt eben ein ausgeprägtes, staatlich organisiertes Sozialsystem dazu, dass Beziehungen weniger wichtig sind, als in Ländern ohne staatliche Unterstützung. Nun, dieser Punkt, den Ursprung und den Sinn einer Kultur zu kennen, ist meines Erachtens nach, von immenser Bedeutung, wenn man einen wertschätzenden Umgang mit anderen Kulturen pflegen möchte. Nur wer die Geschichte oder den Kontext einer Kultur kennt, kann fundiert argumentieren warum gewisse Werte, Normen und Regeln existieren und weshalb sie sinnvoll sind. Wenn ich dann die Entstehung und den Sinn nicht nur meiner eigenen Kultur kenne, sondern auch der Fremdkultur, ist es ein leichtes die andere Kultur für sinnvoll zu erachten, diese wertzuschätzen und eine tragfähige Beziehung aufzubauen. Bin ich mir aber meiner eigenen Kultur nicht bewusst und kenne ich ihren Ursprung und damit ihren Sinn nicht, ist ein wirklich wertschätzender und toleranter Umgang mit einer Fremdkultur schwierig. Denn in dieser Situation werden die unterschiedlichen Erwartungen, Regel- und Wertvorstellungen sehr schnell auf einer emotionalen Ebene ausgetragen, da es ja keinen Zugang zur sachlichen Ebene gibt. Hier fühlen sich dann tiefverwurzelte Werte angegriffen, die man irgendwie hat, aber auch nicht wirklich greifen und schon gar nicht erklären kann. Und sind wir mal ehrlich, wer kennt das nicht, dass die Emotionen umso größer werden je schlechter die eigenen Argumente sind. Getreu dem Motto: Ich weiß ganz genau, dass ich Recht habe, auch wenn ich dir nicht erklären kann warum! Die Wechselwirkungen zwischen Kultur und Kontext erkennen Wer es also anders machen möchte, der sollte sich mit der eigenen Geschichte auseinandersetzen. Sowohl national als auch persönlich auf die Suche gehen nach den Ursprüngen und der Sinnhaftigkeit des eigenen Orientierungssystems. Organisationen sollten sich nicht wahllos irgendwelche wünschenswerte Werte zuschreiben, sondern schonungslos ehrlich ihre Werte ergründen, die sich in Wechselwirkung zu den Rahmenbedingungen ergeben haben. Dadurch könnten problematische Muster eigenhändig identifiziert werden, ohne sich dafür Berater einkaufen zu müssen. Und wenn die Wechselwirkungen zwischen Kultur und Kontext erst einmal identifiziert sind, zeigt sich auch, welche Stellschrauben bedient werden möchten.

  • Kulturelle Unterschiede im Argumentieren – mit amüsanten Ausführungen

    Wer vor fremdkulturellem Publikum Vorträge, Verhandlungen, Verkaufsgespräche führt beziehungsweise generell einfach nur überzeugen möchte, der sollte über grundlegende kulturelle Unterschiede des Argumentierens informiert sein. Johan Galtung formulierte 1983 in „Struktur Kultur und intellektueller Stil“ vier unterschiedliche Argumentationsstile: den Sachsonischen, Teutonischen, Gallischen und Nipponischen. In welchen Ländern diese Denk- und Argumentationsstile, ob in reiner Form oder auch nur ansatzweise vertreten sind, wollte er nicht konkret festlegen, bemerkte aber, dass die jeweiligen Zentren wohl in GB/USA, Deutschland, Frankreich und Japan seien. Zugleich weist er auch daraufhin, dass sich die einzelnen Stile durch die Globalisierung angeglichen haben könnten. Dennoch bin ich der Ansicht, dass es in der einen oder anderen (beruflichen) Situation hilfreich sein kann, die grundlegenden Ansätze der unterschiedlichen Stile zu kennen. Zusätzlich haben mich seine humorvollen Ausführungen zum Schmunzeln gebracht, was ich gerne mit euch teilen möchte. Die direkt zitierten Stellen sind daher in Anführungszeichen und kursiv hervorgehoben. Der Umgang in Debatten und Diskurse Der sachsonische Stil fördert und begünstigt Debatten und Diskurse in dem er auf Pluralismus setzt und möglichst viele verschiedene Positionen zu Wort kommen lässt. In der Kommunikation wird darauf geachtet, dass man Zu Beginn mit anerkennenden Worten den Vorredner lobt. Die weitere Ausführung darf dann aber „viele bohrende Spitzen und beißende Bemerkungen enthalten“, während der Abschluß wieder versöhnlich sein sollte. Nach Galtung treffe dies besonders für GB zu, während in der USA versucht wird „selbst in der miserabelsten Darbietung doch jenes kleine Körnchen Gold zu finden, das, wenn man es poliert, noch einen glaubwürdigen Glanz erzeugt.“ Der Amerikaner würde demnach stets nach dem Positiven suchen, während der Brite den Vortragenden, in eine Verteidigungssituation bringt, jedoch mit einem versöhnlichen Ende. Im Gegensatz dazu ist in teutonischen oder gallischen Diskussionen, die Meinungsvielfalt enger gehalten und das Publikum homogener. Höflichkeitsfloskeln zu Beginn oder am Ende des Vortrags sind eher überflüssig, besonders dann, wenn der Vorredner eine andere Meinung vertritt. Es wird auch nicht nach dem Fünkchen Gold gesucht, sondern direkt nach der Schwachstelle die dann „mit dem Seziermesser auseinandergenommen“ wird. „Vermutlich wird sich die Debatte weitgehend derartigen Aspekten widmen, und wenn überhaupt, so wird es am Ende nur wenige besänftigende Worte geben, um den Angeklagten als menschliches Wesen wieder aufzurichten; kein Versuch wird unternommen, das Blut aufzuwischen und das verletzte Ego wieder zusammenzufügen. Entgegen der sachsonischen Sitte, sich bei solchen Gelegenheiten in Humor und Schulterklopfen zu üben, ist hier der Blick eher kühl, die Mine starr und in den Augenwinkeln ist womöglich eine Spur von Hohn und Spott zu erkennen.“ Die nipponische Diskussion unterscheidet sich hiervon erheblich, da das oberste Gebot die Wahrung der sozialen Beziehungen ist. Vielmehr wird hier das gesagte klassifiziert, einer Schule, einem Meister oder einer Denkrichtung zugeordnet, die dann miteinander in Beziehung gesetzt werden. Der Umgang mit Meinungsverschiedenheiten In der sachsonisch amerikanischen Debatte werden Unterschiede eher hinweggedeutet. Die sachsonisch britische Debatte versucht zumindest eine „allgemeine Stimmung der Übereinstimmung zu erzielen“. In teutonischen und gallischen Kulturen aber gibt es kein Entgegenkommen. Hier verharrt man auf seiner Meinung die richtiger ist als die andere. Deshalb debattieren sie auch nicht mit Gesprächspartnern die zu weit entfernt von der eignen Position wären, denn „an einer solchen Debatte sich zu beteiligen wäre reine Zeitverschwendung… (Man debattiert doch nicht mit Halb-Menschen, Primitiven oder Barbaren)“. Was ist das Fundament der Argumentationen Der sachsonische Stil beruft sich auf gesammelte Daten, Fakten und Statistiken. Persönliche Überzeugungen spielen keine Rolle und was als verwendbarer Fakt zählt wird klar vorgegeben. Die teutonischen und gallischen Ansätze hingegen lieben gute Theorien. Daten dienen hier eher zur Illustrierung, nicht zum Beweisen. Ganz getreu dem Motto: traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast. Ein Widerspruch zwischen Theorie und Daten ist daher nicht unbedingt eine Gefahr für die Theorie. Statt an der Theorie zu zweifeln wird zuerst an den Daten gezweifelt, die dann eben falsch erhoben wurden oder irrelevant sind. Die entwickelte Theorie hingegen ist die „wirkliche Wirklichkeit“ und als Idealtypus frei von den „Unreinheiten der empirischen Wirklichkeit“. Die Theorie selbst besteht aus einer kleinen Anzahl an Prämissen, die durch logisches Schlussfolgern schließlich zu einer unanfechtbaren Wahrheit gelangt, die die Wirklichkeit damit zugleich in ein enges Korsett schnürt, das keine Abweichungen mehr erlaubt. Da aber Abweichungen doch häufiger zu erwarten sind, als es die Theorie erlauben würde, spricht der teutonische Denker eben vom Idealtypus. Der gallische Denker hingegen versucht mit elegant gewählten Wörtern, wie Doppeldeutigkeiten, die Theorie von allen möglichen Blickwinkeln zu betrachten, bis er letztlich Pole ausmachen kann, die zueinander im Gegensatz stehen und in deren Mitte, er seine Theorie in Balance schweben lassen kann. Dass Theorien so klare Stellung beziehen und keine Ambiguität erlauben, widerstrebt dem nipponischen Ansatz und ist unvereinbar mit dem hinduistischen, buddhistischen und daoistischen Denken. Ihr holistischer Ansatz zerstückelt die Wirklichkeit nicht in Einzelteile um daraufhin eine Theorie zu bilden. „Man kann nicht ein Element erkennen - und damit begreifen – ohne die übrigen zu erkennen oder zu begreifen.“ Daher werden „absolute, kategorische Aussagen vermieden; sie ziehen die Vagheit selbst bei trivialen Dingen vor.“ Warum sich der teutonisch Denkende keine Fehler erlauben darf Zum Abschluss möchte ich noch auf ein weiteres Zitat verweisen das erahnen lässt, welche großen Auswirkungen etwas so Unscheinbares, wie der Argumentationsstil, auf die Art und Weise zu leben haben kann. Oder hat der Lebensstil den Argumentationsstil geprägt? Das eine bedingt vermutlich das andere und verändert sich davon ein Aspekt wird sich alles verändern. Was ist deine Meinung? Entsprechen wir noch den reinen Stilen oder hat eine gegenseitige Anpassung bereits stattgefunden? Aber nun erstmal zu dem versprochenen Zitat: „Sollte sich irgendetwas als ungültig erweisen, sollte eine These falsifiziert werden, sollte ein Satz, zu dem man wie auch immer gelangt sein mag, aus welchen Gründen auch immer sich als unhaltbar erweisen — so führt das in den andern drei Stilen zu keinerlei größeren Katastrophen. Für den sachsonischen Intellektuellen wird dabei höchstens eine einzige Pyramide zerstört, und er kann sofort damit beginnen, aus den Trümmern eine weitere kleine Pyramide zu konstruieren. Der nipponische Intellektuelle hat, wenn überhaupt, ein äußerst flexibles Rad, das sich durch allerlei Fakten dreht. Der gallische Intellektuelle wird seine Schwierigkeiten gewöhnlich hinter einer weiteren eleganten Formulierung verbergen können, die vieldeutig genug und vielleicht etwas großspurig ist, ihm am Ende aber doch die Bescheinigung „votre presentation magistrale" einträgt. In einer solch glücklichen Lage ist der rein teutonische Intellektuelle nicht: er trägt das Risiko, womöglich mit ansehen zu müssen, wie seine Pyramide in Stücke fällt. Deshalb ist es auch kein Wunder, daß er seine Arbeit mit einer gewissen inneren Nervosität in Angriff nimmt, die sich in Muskelverspannung ausdrückt und einem Gesicht, aus dem die letzte Spur von Humor und Distanz gewichen ist. Keine Anekdote, keine Analogie, keine Euphonie und kein spielerisches Jonglieren mit Bedeutungen — nichts vermag das Desaster zu verschleiern, das eine teutonische Pyramide treffen kann; und stürzt sie ein, kann mit ihr der intellektuelle Einsatz eines ganzen Lebens verfallen.“

  • Der Kulturschock

    Ich habe ihn bereits erleben dürfen, innerhalb der zwei Jahre die ich in Australien verbrachte. Bei meinen kürzeren Arbeitsaufenthalten in Italien und Spanien war dies eher nicht der Fall. Jedoch denke ich, dass mein plötzlicher Abbruch meines Aufenthalts in Portugal ebenfalls auf einen Kulturschock zurückzuführen ist. Obwohl mir das Leben in Lissabon gefallen hat und ich dort ein tolles soziales Netzwerk aufgebaut hatte, war ich mit der Arbeitskultur nicht zufrieden. Diese Erfahrung hat mich sogar so stark geprägt, dass ich danach beschlossen hatte, an der Uni Bremen Wirtschaftspsychologie zu studieren. Was genau ist ein Kulturschock? Ein Kulturschock wird durch negative Erfahrungen im Ausland ausgelöst und tritt in der Regel nicht sofort, sondern erst nach einer gewissen Zeit auf. Zu Beginn überwiegt meist die Begeisterung, aber wenn der Alltag einkehrt, werden die negativen Seiten der Fremdkultur sichtbar. Dies kann dann zu einem mehr oder weniger stark ausgeprägten Kulturschock führen. Sofern diese Krise überwunden werden kann, folgt meist eine Anpassung an die Fremdkultur, häufig gefolgt von einem differenzierteren Blick auf die heimische Kultur. Damit ist nun aber auch die Wahrscheinlichkeit gegeben, dass im Fall einer Rückreise und nach einer anfänglichen Rückkehrbegeisterung, es erneut zu einer Reintegrationskrise in der Heimat kommt. Was beeinflusst den Kulturschock Ob und wie stark der Kulturschock ausfallen wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab: -        Der eigenen Belastungsfähigkeit -        Der wahrgenommenen Diskrepanz zwischen Ursprungskultur und Gastkultur -        Dem Ausmaß an Lebensveränderung in Bezug auf Rollenerwartungen und Aufgabenerfüllung -        Dem Statusverlust -        Der empfundenen Hilflosigkeit gemessen am Grad der Integrationsbemühungen und dennoch erlebten Misserfolgen -        Dem Vorhandensein von sozialer Unterstützung -        Der Stärke des Heimwehs -        Bei Unfreiwilligkeit des Auslandsaufenthaltes -        Je nach voraussichtlicher Länge des Aufenthaltes Welche Lebensbereiche sind vom Kulturschock betroffen Wie und wo jemand einen Kulturschock erlebt und aus welchen Gründen, ist individuell verschieden. Hier spielen sicher auch die eigenen Werte eine große Rolle und inwiefern diese im Gastland gelebt werden dürfen. Darüber hinaus zeigt meine Arbeitserfahrung in Portugal, dass sich ein Kulturschock auch nur auf bestimmte Lebensbereiche beziehen kann. Zum Beispiel nur im Arbeitsbereich, jedoch nicht im Privatleben oder eben auch genau umgekehrt. Die Bedeutung des Kulturschocks für Führungskräfte und Personaler Auch wenn der Begriff des Kulturschocks üblicherweise bei Krisen von Auslandsaufenthalten verwendet wird, kann ein solcher auch bei einem Arbeitsplatzwechsel auftreten. Dabei ist auch hier anzunehmen, dass zu Beginn eine anfängliche Anfangsbegeisterung überwiegt. Stellt der neue Mitarbeiter nun aber fest, dass die Regeln und Prozesse im neuen Unternehmen sich von seinem vorherigen Unternehmen unterscheiden und er mit Anpassungsschwierigkeiten zu kämpfen hat, kommt dies einem Kulturschock sehr nahe. Um einiges verstärkt wird dies, wenn die Regeln, Strukturen, Prozesse und Werte unklar, undurchsichtig oder paradox sind. Mit einem dafür sensibilisierten Onboarding und entsprechend geschulten Führungskräften kann der Mitarbeiter, im Gegensatz zum auf sich gestellten Ausländer, jedoch gut in seiner Krise aufgefangen werden. Alternativ kann auch ein Business Coach helfen.

  • Häufige No-gos in der interkulturellen Kommunikation

    Im interkulturellen Kontakt wird oft Englisch als bevorzugte Sprache verwendet, um eine kulturübergreifende Kommunikation zu ermöglichen. Dennoch birgt die Verwendung einer gemeinsamen Sprache Gefahren, über die man sich zumindest bewusst sein sollte: Die Kultur einer Nation zeigt sich nicht nur in Werten, Traditionen, Ritualen und Handlungsmustern, sondern auch in der Landessprache. Der Klang und die Phonologie einer Sprache haben Einfluss auf die kulturelle Identität eines Individuums, ebenso wie die Satzstruktur, die je nach Kultur unterschiedlich ist. Zum Beispiel erwähnen Chinesen immer zuerst den Kontext, bevor sie über sich selbst sprechen, während englische oder deutsche Sätze vorzugsweise mit der eigenen Person beginnen. Ein Deutscher würde seine Verspätung so erklären: „Ich habe mich verspätet, da der Zug Verspätung hatte“, während ein Chinese kontextbezogen antworten könnte: „Aufgrund der Bauarbeiten wegen der Stürme gestern Nacht, hatte der Zug Verspätung.“ Weitere Unterschiede sind auch bei nonverbaler Kommunikation wie Augenkontakt, Körperberührungen, Distanz und Tonfall zu erkennen. Diese scheinbar banalen Unterschiede sollten jedoch nicht unterschätzt werden. Bei Unwissenheit über derartige Kommunikationsunterschiede kann die interkulturelle Kooperation nachhaltig gestört werden. Oft sind es nicht offensichtliche Kommunikationsunterschiede, sondern subtile Unterschiede, die unerkannt bleiben und für Unmut sorgen. Zum Beispiel in der Interaktion zwischen "low-context" und "high-context" Kulturen. Erstere bevorzugen klare und explizite Kommunikation, um Missverständnisse zu vermeiden, während Letztere einen größeren Interpretationsspielraum lassen und nonverbale Signale nutzen. Neben asiatischen Ländern bevorzugen auch südeuropäische Länder wie Italien, Spanien und Frankreich eine high-context-Kommunikation. Die Deutschen hingegen ziehen eine präzise Kommunikation vor. Dieser kleine Kommunikationsunterschied bleibt oft unentdeckt und führt zu Verärgerung und Verdruss. Wenn Deutsche das Gefühl haben, nicht recht verstanden zu haben, was ihr Gegenüber mitteilen wollte oder wenn sich beispielsweise ein französischer Kollege darüber beschwert, dass die Deutschen mit ihm reden würden, als wäre er debil. Die genannten Beispiele zeigen, dass gute Kenntnisse der unternehmensinternen Sprache allein nicht ausreichen, um erfolgreich zu kommunizieren. Vielmehr sollten die Feinheiten wie Höflichkeitsfloskeln und Eigenarten der jeweils anderen Sprache bekannt sein, sodass Missverständnisse erkannt und Kränkungen vermieden werden können.

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